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P R E S S E M I T T E I L U N G (19. August 2003)AN.ON gewährleistet auch weiterhin AnonymitätDer AN.ON-Dienst ermöglicht Nutzern das anonyme Websurfen, indem die Kommuni-kation über anonymisierende Zwischenrechner, sog. Mixe, geleitet wird. Die neue Version der Mix-Software enthält eine Funktion, mit der Zugriffe auf einen bestimmten Webserver protokolliert werden können. Dies hat bei vielen zu Irritationen geführt. Angesichts der Vielzahl der in diesem Zusammenhang an die Mitarbeiter des Forschungsprojektes an der TU Dresden bzw. FU Berlin sowie an das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) herangetragenen Anfragen erklärt das ULD zum Hintergrund der Implementierung dieser Funktion Folgendes: Im Rahmen eines konkreten Strafermittlungsverfahrens des Bundeskriminalamtes – nicht gegen das ULD, wie fälschlich gemeldet - erging an das ULD ein richterlicher Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main, durch den die Mitarbeiter des Forschungsprojektes AN.ON verpflichtet wurden, die Zugriffe auf eine bestimmte IP-Adresse, hinter der offenbar strafbare Inhalte veröffentlicht wurden, für einen definierten Zeitraum zu speichern und über die gespeicherten Daten Auskunft zu erteilen. Da es grundsätzlich nicht zulässig ist, Informationen über
laufende Ermittlungsmaßnahmen zu veröffentlichen, sind die Projektpartner
nach Erhalt des richterlichen Beschlusses zunächst nicht an die Öffentlichkeit
gegangen. Auf Grund der Tatsache, dass die entwickelte Software seit Beginn
des Open-Source-Projektes im Quellcode veröffentlicht wird, wurde selbstverständlich
auch die implementierte Funktion zur Aufzeichnung veröffentlicht. Die
Projektpartner haben die Probleme unterschätzt, die der Spagat zwischen
den Geheimhaltungspflichten im Rahmen eines konkreten Ermittlungsverfahrens und ihrem eigenen Anspruch
auf Transparenz mit sich bringt. Sie wollten sich
nicht dem Vorwurf der Beihilfe oder Strafvereitelung aussetzen und damit vermeiden,
dass AN.ON kriminalisiert wird. Da es die erste richterliche Anordnung dieser
Art war, verfügten sie auch über keinerlei einschlägige Erfahrungen.
Wegen der in diesem Zusammenhang aufgetretenen Verunsicherung bei vielen Nutzern
von AN.ON sehen sich die Projektpartner jetzt allerdings veranlasst, öffentlich
Stellung zu dem Fall zu nehmen. Die Anordnung einer Aufzeichnung von Daten ist nach der Strafprozessordnung ausschließlich in eng begrenzten Fällen zulässig. Hierfür muss der Verdacht einer Straftat vorliegen, die in dem Katalog des § 100a Strafprozessordnung explizit aufgeführt ist. Einen Beschluss auf der Grundlage von § 100a Strafprozessordnung hat die Polizei gerade nicht beantragt, möglicherweise weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Das ULD hat gegen den Beschluss umgehend das förmliche Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt. Da diese Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat, d. h. der Inhalt des Beschlusses bis zu einer anders lautenden Gerichtsentscheidung umzusetzen ist, obwohl dagegen eine Beschwerde eingelegt worden ist, haben die Entwickler im AN.ON-Projekt eine derartige Funktion programmiert und in die aktuelle Version der Mix-Software implementiert. Mit dieser Funktion ist es bei einer Kooperation der Mixe möglich, die Zugriffe auf eine vorher anzugebende IP-Adresse ausschließlich für die Zukunft mitzuloggen: Die IP-Adresse des Anfragers, der Request und Datum und Uhrzeit werden protokolliert. Alle anderen Webseiten und alle anderen Nutzer des AN.ON-Dienstes bleiben davon aber selbstverständlich unberührt! Auch die JAP-Software an sich, die alle Nutzer des AN.ON-Dienstes installieren müssen, enthält keine Protokollierungsfunktion. Das letzte, obligatorische Update der Clientsoftware JAP hat nichts mit dieser Funktion zu tun. Das ULD weist ausdrücklich darauf hin, dass nur Zugriffe auf die IP-Adresse,
die in dem richterlichen Beschluss genannt ist, protokolliert werden. Die Betreiber
des AN.ON-Dienstes stehen dafür ein, dass auch in Zukunft ohne richterlichen
Beschluss keine Zugriffe protokolliert werden. Der AN.ON-Dienst wird in jeder
Hinsicht in Einklang mit den geltenden Gesetzen betrieben, so dass generell
eine Erhebung und Speicherung von Nutzerdaten juristisch unzulässig wäre
und demnach auch nicht vorgenommen wird. Die Bindung an Recht und Gesetz bedeutet
auf der anderen Seite auch, dass eine richterliche Anordnung nicht einfach
ignoriert werden kann. Die Ermöglichung der Überwachung der Zugriffe auf eine bestimmte IP-Adresse, hinter der strafbare Inhalte steckten, ist daher keinesfalls gleichbedeutend mit einer Überwachung aller Nutzer des Dienstes. Ausschließlich im Einzelfall und nur bei Vorliegen aller juristischen Voraussetzungen, d.h. eines zwingenden richterlichen Beschlusses, wird der AN.ON-Dienst Zugriffe auf eine vom Richter präzise bestimmte IP-Adresse mitloggen. Der Schutz der Anonymität der Nutzer ist und bleibt, von dem vorstehend beschriebenen Ausnahmefall abgesehen, die zentrale Garantie von AN.ON. Die Betreiber von AN.ON warnen deshalb davor, diesen Einzelfall zu verallgemeinern und den Anonymitätsdienst generell in Frage zu stellen. Anonymität im Internet macht auch dann noch Sinn, wenn in einem kurzen Zeitraum auf Anordnung eines Gerichts Zugriffe auf eine einzelne Website mit strafbarem Inhalt aufgezeichnet werden. AN.ON war von Anfang an dem Argwohn und der Skepsis vieler Mitarbeiter von Sicherheitsapparaten im In- und Ausland ausgesetzt. Dies führte dazu, dass AN.ON nicht nur in polizeilichen Publikationen angegriffen wurde, sondern einzelne Mitarbeiter der TU Dresden sogar von der Polizei zur Vernehmung vorgeladen wurden. Die Betreiber haben sich dem polizeilichen Druck nicht gebeugt, eine richterliche Anordnung haben sie aber so wie jedermann in einem Rechtsstaat zu beachten. Gewisse Sicherheitskreise würden sich vermutlich am meisten freuen, wenn die Betreiber von AN.ON jetzt resignieren würden und die Garantie des anonymen Internetzugriffs einstellen würden. Diesen Gefallen wollen die Betreiber von AN.ON den Kritikern nicht tun. Deshalb wird AN.ON weiterlaufen. Diejenigen, denen die Anonymität im Internet wirklich ein Anliegen ist, sollten sich kritisch mit dem polizeilichen Vorgehen auseinandersetzen und AN.ON unterstützen, statt den „Hauptgegner“ geradezu in den Betreibern von AN.ON zu sehen. Nicht AN.ON gefährdet die Anonymität, sondern rechtlich fragwürdige polizeiliche Eingriffe in den Betrieb von AN.ON. Zu hinterfragen wäre auch, wieso eine Entscheidung über die Beschwerde des ULD nun schon über sechs Wochen auf sich warten lässt. Wir sind davon überzeugt, dass das Recht auf Anonymität vom Grundgesetz geschützt ist. Es ergibt sich außerdem ausdrücklich aus dem Teledienstedatenschutzgesetz. Alle, die dieses Recht so wie das ULD verteidigen wollen, sollten AN.ON und das ULD unterstützen. Wir sind uns unserer Verantwortung gegenüber den Nutzern von AN.ON jedenfalls bewusst. Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein |
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